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1. Ophrys sphegodes s.l. am Ätna

Sowohl O. exaltata Ten. wie auch O. sphegodes besitzen auf Sizilien eine
weite Verbreitung (KÜNKELE & LORENZ 1995: 78, Karte 27a und b; 90, Karte
39a und b), sie kommen nicht selten in nächster Nachbarschaft vor und bilden
dann gerne Übergangsformen aus, die morphologisch nicht mehr eindeutig der
einen oder anderen Art zugeordnet werden können. Derartige
Bestimmungsschwierigkeiten werden bei gemeinsamen Auftreten der beiden
auf Sizilien vorkommenden Unterarten O. exaltata subsp. exaltata und subsp.
panormitana zusätzlich verstärkt (BAUMANN et al. 2006: 152; GALESI &
LORENZ 2010: 157), obwohl sie nach PAULUS & GACK (1990: 125)
unterschiedliche Bestäuber1 besitzen.

Eine auffallende Ophrys sphegodes-Sippe mit intermediären Merkmalen
zwischen O. sphegodes Mill., O. exaltata Ten. und O. garganica (E. Nelson)
Danesch, O. & E. Danesch) konnten wir seit den 90er Jahren des letzten
Jahrhundert an den nördlichen Abhängen des Ätnas auf relativ jungen, zum
Teil knapp 80 Jahre alten Lavafeldern beobachten. Sie wurde zunächst mit
gewissen Zweifeln zu O. exaltata gestellt (GRASSO et al. 1991: 213 fig. o.li. ,
214; GRASSO & GRILLO 1996: 130, 135 fot. 2, sub. O. exaltata vs. sphegodes;
GRASSO et al. 2000: 367). Ein Bastard dieser O. sphegodes-Sippe mit
O. tenthredinifera Willd. wurde als O. ×rovittelli beschrieben (GRASSO &
CRISTAUDO 1992: 185-187; GRASSO & GRILLO 1996: 133, 135 fot. 3).

Im Rahmen der Kartierung der Orchideen Siziliens (RG, RL) und während
verschiedener Exkursionen rund um den Ätna (AC und RG, 1992; RL mit
K. Lorenz und M.P. Grasso, 1995; HZ mit A. Casata und R. Selig, 2009; RG
und RL mit K. Lorenz, 2009) haben wir diese Ätna-Sippe von O. sphegodes an
mehreren Stellen an den NW-, N- und NE-Abhängen und einmal im SE des
Vulkans angetroffen. Die einzelnen Vorkommen bestanden meist aus wenigen
Pflanzen, selten über 10 und nur einmal konnten über 200 Individuen gezählt
werden.

Ihr eher schlanker Wuchs, die kleinen bis mittelgroßen Blüten mit rundlicher,
brauner Lippe, grünen Sepalen und grünbraunen Basalschwielen zeigen eine
deutliche Affinität zu O. sphegodes (Abb. 5), während die oft ausgebreiteten
aufgehellten Lippenränder Ähnlichkeiten mit O. garganica aufzeigen (Abb. 8)
und das im Grunde H-förmige, aber flächige, oft bis zum Rand hin ausladende,

1 Colletes cunicularius bei subsp. exaltata; Andrena thoracica, A. florentina bei subsp. panormitana. Über den
legitimen Bestäuber1 von O. sphegodes (Andrena nigroaenea und A. limata, PAULUS & GACK l.c.).sind uns

aus Sizilien keine Nachweise bekannt

Journal Europäischer Orchideen 42(1): 2010.  183
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